News und Pressemitteilungen

Schwäbisch Hall Unicorns Pressemitteilung vom 02.10.2013

„Da hat man dann schon zu knabbern“
Unicorns-Headcoach Siegfried Gehrke stellt sich einigen Fragen zur vergangenen und zur kommenden GFL-Saison

von Axel Streich

Die Saison der Schwäbisch Hall Unicorns fand im Viertelfinale gegen die Berlin Adler ein frühes Ende. Head Coach Siegfried Gehrke erklärt im Interview seine Sicht auf die Saison 2013 und wirft auch einen Blick in die Zukunft.

Sigi, inzwischen ist über eine Woche seit dem verlorenen Viertelfinale gegen Berlin vergangen. Hast du die Niederlage inzwischen verdaut und wenn ja, wie lange hast du dafür gebraucht?

S. Gehrke: Inzwischen hab ich's wohl verdaut, aber ein paar Tage hat's schon gedauert. Wir waren es einfach nicht mehr gewöhnt, in den Playoffs rauszufliegen. Da hat man dann schon zu knabbern.

In dem Spiel gegen die Berlin Adler konnte man den Eindruck haben, dass dein Team von der Stärke der Adler überrascht war und ihr euch zumindest im der ersten Hälfte fast wehrlos vorgekommen seid. Wurde Berlin unterschätzt?

S. Gehrke: Uns war schon klar, dass es in den Playoffs ans Eingemachte gehen und es keine leichten Spiele geben würde. Aber ein bisschen waren wir vielleicht schon von den letzten beiden Spielen der Adler eingelullt, in denen sie quasi mit der zweiten Garnitur Niederlagen kassiert hatten. Man muss aber auch sagen, dass Berlin von Anfang an Vollgas gegeben hat und sehr gut vorbereitet war. Sie haben mit ihrer Offense in den ersten zwei Drives fünf dritte Versuche nacheinander in erste Versuche verwandelt, obwohl wir das ganze Jahr über stark in diesen Situationen waren. Und als wir das erste Mal im dritten Down standen, haben wir unseren Standard-Spielzug probiert, den die Adler problemlos erkannt und gestoppt haben. Das war sicher kein gutes Coaching von meiner Seite und hat sich dann so fortgesetzt.

Die Unicorns waren in der Saison 2013 schon in der Punktrunde nicht so dominant wie in den beiden Vorjahren. Woran lag es?

S. Gehrke: Die Aussage habe ich schon öfters gehört und ich kann sie ehrlich gesagt nicht mehr hören. Die Perfect Season 2011 war eine Ausnahme, und letztes Jahr hatten wir auch einzelne Probleme, was ganz normal ist. Die schwachen Auftritte waren jedoch nach dem erneuten Titelgewinn 2012 vergessen. 2013 haben wir zwei Spiele praktisch mit dem Schlusspfiff mit je einem Punkt verloren, einmal unentschieden gespielt und den Rest gewonnen. Das finde ich nicht schlecht! Was im Moment einfach überwiegt, ist ein schwacher Eindruck aus dem Viertelfinale. Im Rückblick werden wir uns hoffentlich vor allem über die Südmeisterschaft 2013 freuen.

Kann es sein, dass auch der Hunger auf den Titel im Team nicht mehr ganz so groß wie in den Vorjahren war? Immerhin traten die meisten Spieler in diesem Jahr als zweifache deutsche Meister an.

S. Gehrke: Natürlich kann man den Meistern von 2011 und 2012 den Titel nicht mehr nehmen, aber das hat meiner Meinung nach keinen Einfluss auf die Motivation 2013 gehabt. In diese Richtung deutet zwar die Tatsache, dass wir diese Saison mehr Ausfälle durch Urlaub und Familienfeiern hatten als zuletzt, aber am Ende waren ja wieder alle an Bord. Wir müssen einfach der Tatsache ins Auge schauen, dass bei einem Playoff-System wie in der GFL die Saison schnell vorbei sein kann. Das hat dann auch mal etwas mit der Tagesform zu tun.

Einige Fans machen auch die Leistung von Quarterback Ryan Taggart für den wechselhaften Saisonverlauf und das frühe Ausscheiden aus den Playoffs verantwortlich. Wie siehst du das?

S. Gehrke: Bei uns als zweifachem Titelverteidiger wurden an alle Spieler hohe Erwartungen gestellt, aber ganz besonders galt dies natürlich für die zentrale Position des Quarterbacks. Hätte Ryan nach der verkorksten Saison 2008, als wir nur knapp den Klassenerhalt schafften, so für uns gespielt, wäre er ein Held gewesen. So war er aber der Quarterback, der uns nach zwei Titeln nicht wieder in den German Bowl geführt hat. Auf ihm lagen einfach Hoffnungen, die fast nicht zu erfüllen waren.

2011 und 2012 haben die Unicorns gezeigt, dass die Nord-Teams den Titel nicht auf Dauer gepachtet haben. In diesem Jahr haben sich nun im Viertelfinale alle vier Nord-Teams durchgesetzt. Wird die Schere zwischen dem Norden und dem Süden wieder größer?

S. Gehrke: Mit diesem Klischee kann ich grundsätzlich nicht viel anfangen. Es ist ja wohl kaum so, dass es ein Naturgesetz gibt, wonach im Norden besser Football gespielt wird. Aber traditionell sind die wirtschaftlich stärkeren Teams im Norden zu finden, das hat sich eben auch durch die Konkurrenzsituation dort so entwickelt. Wer in den letzten beiden Jahrzehnten mit Braunschweig, Hamburg oder zuletzt auch Kiel mithalten wollte, musste sich unter anderem eine ähnliche finanzielle Grundlage schaffen. Im Süden gab es in dieser Zeit keinen Verein mit dem wirtschaftlichen Potenzial dieser drei, wohl auch wegen des mangelnden Konkurrenzdrucks.

Spielt dabei aus deiner Sicht auch die Abschaffung der Interconference-Spiele vor zwei Jahren eine Rolle?

S. Gehrke: Ja, ich denke schon. Die Situation wurde durch den Wegfall der Interconference-Spiele leider verschärft. Sollten diese nicht wieder eingeführt werden, sehe ich mittel- und langfristig tatsächlich die Gefahr einer Zwei-Klassen-GFL.

Nach der Saison ist vor der Saison. Wann wird bei den Unicorns mit den Vorbereitungen auf die Saison 2014 begonnen?

S. Gehrke: Wir sind schon dabei, den Coaching Staff für nächstes Jahr zusammen zu stellen. Da könnte es durchaus interessante Ergänzungen geben, die bewährte Crew der vergangenen Saison mit Andreas Wengertsmann, Bernd Schnurrer, Sven Mielke, Florian Günter und Marc Volz wird uns aber zum Glück erhalten bleiben. Im November fangen wir dann wieder mit dem Training an. Bis dahin müsste auch der Kunstrasen auf unserem Trainingsfeld fertig sein, darauf freuen wir uns schon sehr.

Was hast du dir für diese Vorbereitungen vorgenommen? Gibt es Punkte, die du in dieser Saison gelernt hast und in der nächsten anders machen willst?

S. Gehrke: Wir müssen zunächst entscheiden, ob wir wieder eine zweite Mannschaft ins Rennen schicken. Die hat zwar letztes Jahr ganz ordentlich in der Oberliga abgeschnitten, aber es herrschte oft Personalnot. Da muss im November im Training ein Fortschritt zu erkennen sein, sonst wird das nichts. Ansonsten wollen wir bei allen wieder den Erfolgshunger wecken, schließlich haben wir jetzt wieder, im Gegensatz zu den letzten Jahren, die Chance, uns zu verbessern.

Ist schon abzusehen, dass es im Team größere Umbrüche geben wird?

S. Gehrke: Von einzelnen Abgängen werden wir nicht verschont bleiben, aber nach einem Massenexodus sieht es nicht aus. Daniel Emmanuel und Matthias Schorr haben ihren Rücktritt schon bekannt gegeben, sonst weiß ich momentan nichts. Sobald das Training wieder losgeht, werden wir mehr wissen.

Wie sieht es in diesem Jahr mit Neuzugängen aus der eigenen A-Jugend aus?

S. Gehrke: Der Übergang von der Jugend zu den Aktiven ist einer der Punkte, die weiter verbesserungswürdig sind. Etwa ein Dutzend Spieler verließ im Juli altersbedingt die Jugend, aber längst nicht alle sind bei den Aktiven gelandet. Es gibt aber auch erfreuliche Fälle wie Fabian Schulz, der sofort bei den Aktiven voll dabei war und sogar einige GFL-Spiele als Linebacker startete. So etwas wollen wir in Zukunft mehr erreichen.

Zum Schluss eine persönliche Frage: Nach zwei German Bowls, bei denen du in der Teamzone gestanden hast und am Ende den Pokal halten durftest, wirst du in diesem Jahr das Endspiel wieder von der Tribüne aus beobachten. Was meinst du, wie das für dich sein wird?

S. Gehrke: Da habe ich mir ehrlich gesagt noch keine großen Gedanken gemacht. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass ich das Endspiel entspannter als in den letzten zwei Jahren anschauen werde.

Sigi, Vielen Dank für dieses Gespräch!

Foto